Das Spielmobilprojekt Leipzig verbunden im nationalen und internationalen Netzwerk und der deutschjapanische Fachkräfteaustausch 2018 bis 2020

von Nadine Fabig

Der nationale und internationale Fachkräfteaustausch dient dazu, unterschiedliche Länder und ihre verschiedenen pädagogischen Ansätze näher kennenzulernen. Über Fachdiskussionen, persönliche Besuche, gemeinsam organisierte Workshops werden pädagogische Inhalte, Ziele, Methoden und der Medieneinsatz der Spielkultur im jeweiligen Land erfahren und reflektiert. Parallel findet eine persönliche Begegnung zwischen den Fachkräften statt, die täglich in ganz unterschiedlichen Feldern der Kinder und Jugendarbeit tätig sind. Hierbei werden Kontakte über persönliche Erlebnisse in Workshops, bei der Zusammenarbeit in Projekten und durch die Unter
bringung in den HomestayFamilien aufgebaut, die für langfristige Kooperationen und auch für das Zusammenleben förderlich sind.

Stets war und ist das Spielmobil der KINDERVEREINIGUNG Leipzig e.V. an einem regen nationalen, als auch internationalen Austausch interessiert und beteiligt. So nimmt das Spielmobilprojekt seit vielen Jahren an dem einmal jährlich stattfindenden internationalen Spielmobilkongress teil, um sich durch Projektberichte und Vorträge auf den aktuellen Wissenstand zu begeben. In Deutschland gibt es bereits mehr als 350 verschiedene Spielmobile. Die Vielfalt in Bezug auf Aussehen, Arbeitsbedingungen und finanzielle Ausstattung sind dabei sehr groß. 2018 fand der Spielmobilkongress in Bayreuth statt. Hier wurde anhand einer Präsentation die tägliche Arbeit des
Spielmobilprojektes in Leipzig den Mitgliedern der japanischen Delegation näher gebracht. Interessante Fragen seitens der japanischen Fachkräfte konnten in gemeinsamen Gesprächen erörtert werden.


Höhepunkt des internationalen Austausches, stellte die diesjährige Reise nach Japan vom 29.05.2019 bis zum 11.06.2019 dar. Hierzu fand in München ein Vorbereitungstreffen vom 14.04.2019 auf den 15.04.2019 statt, wo die Organisation der Symposien mit Fachvorträgen und der Reiseablauf detailliert abgesprochen werden konnten. Ermöglicht und finanziert wird die gesamte internationale Begegnung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).


Auf der knapp zweiwöchigen Reise durch das Land konnten eine Vielzahl an unterschiedlichsten Spielmobilen, Abenteuerspielplätzen, Schulen, Kindereinrichtungen und sozialen Projekten in den Städten Tokio, Saitama, Sendai und Higashine kenngelernt und selbst erlebt werden. Zudem fanden drei durch die deutsche Delegation begleiteten Fachsymposien und ein gemeinsamer Workshop „Fadenspiele“ in Tokio bzw. Higashine statt.


Japan ist ein Land der Schilder. Das gesamte Leben ist reglementiert da bleibt wenig Freiraum für Fantasie, Kreativität und freies Spiel. Die Tendenz in Japan geht immer mehr dahin, dass die Kinder und Jugendlichen weniger im freien Spielen und weniger Zeit gemeinsam mit Freunden verbringen. Laut der japanischen Gastgeber sei Japan sehr Erwachsen und zu wenig Kind orientiert. Die Geburtenrate ist in den letzten Jahren stark gesunken. Der Wunsch nach einer „kinderorientierten Stadt“ steht für viele Japaner klar im Fokus.

Ein weiteres häufiges Problem ist der mangelnde Platz. Gerade einmal fünf Quadratmeter stehen einer Person pro Kopf zur Verfügung, wo hingegen in Deutschland 20 Quadratmeter pro Kopf zur Verfügung stehen. Hier bleibt wenig Raum für freies gemeinsames Spiel. Jedoch ist das freie Spiel im Grünen wichtig für die Entwicklung der sozialen Kompetenz. Besonders prägnant ist das Anliegen nach mehr Netzwerkarbeit zwischen Playworkern, Politikern, Stadt und Architekten. Leider findet das Berufsbild des „Playworkers“ in Japan noch zu wenig Anerkennung. Deutschland war und ist seit jeher Vorreiter bezüglich Spielmobilarbeit und Netzwerkarbeit, was auch primär diesen Fachaustausch begründet. Der Wunsch nach mehr Qualifizierungsmöglichkeiten, mehr finanzieller Unterstützung und Anerkennung der Arbeit dies seien alles Aspekte, die man von Deutschland gern mitnehmen möchte. Beeindruckend hingegen ist, wie die wenigen zur Verfügung stehenden ruderalen Wiesenflächen mit einfachsten Materialien durch die Kinder als Spielraum erobert werden. Insekten fangen auf der Wiese, Bambuswasserstraßen, Riesenschaukeln und aus Holz selbstgebaute schiefe Ebenen, die mit Tatamimatten unsicher gemacht werden, prägen das Bild der in Japan bezeichneten Abenteuerspielplätze. In den Städten und auf dem Land gibt es zwar einige Spielmobile, aber es fehlt an der Vielfältigkeit und dem Netzwerk unter den einzelnen Spielmobilen. Spannend ist auch, dass die Abenteuerspielplätze stets zu jeder Tageszeit öffentlich zugänglich sind. In Japan, eines der sichersten Länder in puncto Kriminalität, ohne weiteres möglich. In Deutschland hingegen aus
Angst vor Vandalismus undenkbar.
Unser Bestreben als Spielmobilprojekt der KINDERVEREINIGUNG Leipzig e. V. auch weiterhin in allen Bereichen auf dem aktuellen Stand zu sein, ist stets vorhanden. So wird auch dieses Jahr der Spielmobilkongress in München besucht und zum zweiten Mal die japanische Delegation in Empfang genommen. Ein gemeinsamer handwerklicher Workshop für Kinder und Jugendliche zum Thema „Textilwerkstatt“ ist vorbereitet.

Auf nationaler Ebene konnten wir über mehrere Jahre Erfahrungen mit der Geflüchtetenunterkunft in der Torgauer Straße über das Projekt „Spielmobil an Flüchtlingsunterkünften (Smaf)“ sammeln und uns so verstärkt der „Willkommenskultur durch Spiel“ in Leipzig widmen. Seit Anfang 2019 wird der Platz vor der Geflüchtetenunterkunft in der Weißdornstraße in Leipzig angefahren. Hier können nun auch die Kinder und Jugendlichen der Unterkunft, als auch die umliegend anwohnenden Kinder und ihre Familien im gemeinsamen Spiel und Projekten erste Kontakte und Freundschaften knüpfen. Zusätzlich findet seit Mitte Juli 2019 jeden Mittwoch von 10:00 Uhr – 12:00 Uhr eine Kooperation zwischen dem Spielmobilprojekt, der „Kinder- und Jugendhilfe Outlaw“ und der Geflüchtetenunterkunft in der Waldstraße in Leipzig statt.

Des Weiteren ist die Teilnahme durch Fachvorträge und Workshops des Spielmobilprojektes der KINDERVEREINIGUNG Leipzig e. V. für die „21th Triennial International Play Association – Conference (IPA)“ vom 04.11.2020 bis 07.11.2020 in Jaipur (Indien) in Planung.

Wir freuen uns über den regen Austausch auf nationaler als auch internationaler Ebene und darüber, wie das Spielmobilprojekt der KINDERVEREINIGUNG Leipzig e. V. in der Spielmobilszene weiterhin vernetzt ist und bleibt und dass das Zusammenspiel von fachlichen Beziehungen, persönlichen Kontakten und Verbindungen auch 2020 mit einer weiteren, abschließenden Reise nach Japan (Osaka) fortbestehen kann.